Warum ich ? - inslichtgehen freie Trauerrednerin Regine Gareis

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Persönliches

Warum ich?

 
 


Oft werde ich gefragt: "Wie kommst Du dazu, so eine Tätigkeit zu machen? Immer mit trauernden Menschen zusammen zu treffen, tröstende Worte finden und nicht selber in die Traurigkeit zu fallen.
Ist das nicht schwer?"

Nein - ist es für mich nicht. Ich empfinde meine Arbeit als Hilfestellung - meine Art, den Menschen die Hand zu reichen und zu sagen: "Weine nicht um das Vergangene - suche die Freude in Dir, wenn du an den verstorbenen Menschen denkst".

Der Mensch ist gegangen, aber die Erinnerung bleibt.

 

Ich habe leider die Erfahrung gemacht, dass eine Abschiedsfeier für einen geliebten Menschen sehr lange in Erinnerung bleibt, wenn die Rede uns nicht anspricht, das Gesagte nicht zu dem verstorbenen Menschen passt oder gar der Lebensweg fehlerhaft wiedergegeben wird.
 
2010 musste ich von meinem Bruder und meinem Vater Abschied nehmen. Damals wusste ich nicht, welche tiefgehenden Erinnerungen sich bei mir ins Gedächtnis graben würden.

 

Mein Bruder Peter verstarb am so genannten Sekundentod im Alter von nur 49 Jahren. Für uns unerwartet und plötzlich, unfassbar und unverständlich.

Wir wussten nicht so wirklich, wie die Trauerfeier für ihn werden sollte - es wurde zu Lebzeiten ja nicht darüber gesprochen.
Mein Bruder war bereits vor einigen Jahren aus der Kirche ausgetreten und so entschieden wir uns für einen weltlichen Abschied - mit freiem Redner und seiner Lieblingsmusik.

Peter Nützel
 

Das Schlimmste war, das wir uns nicht von Peter "verabschieden" konnten. Deshalb wünschten wir uns eine Feier, die Peter die Ehre zuteil werden ließ, welche er verdiente. Er war immer ein hilfsbereiter, ehrlicher Mensch und wir erwarteten viele seiner Wegbegleiter zu diesem traurigen Anlass.

Den Trauerredner buchten wir über den Bestatter. Die Telefonate mit ihm waren lang und wir gaben ihm soviel Information wie möglich, damit er das "Beste" daraus machen konnte. Er kannte meinen Bruder ja nicht - musste aus den Erzählungen einen Lebensweg erarbeiten und die Abschiedsrede gestalten. Die Wunschmusik lieferten wir auf CD - Country und Swing.
Die Worte der Rede habe ich nicht wirklich verstanden. Obwohl ein Mikrofon vorhanden war, hat der Redner es nicht benutzt - was nicht schlimm gewesen wäre, hätte er laut gesprochen.
Nach Einspielung eines Musikstückes fand der Redner seine Aufzeichnungen nicht mehr. Er hatte sie irgendwie verblättert. Es vergingen gefühlte Stunden, bis er seine Rede fortführen konnte. Die Unmutsäußerungen in der Trauergemeinde waren unüberhörbar.
      
Nun, das alles hätte noch verziehen werden können - sind doch Trauerredner auch nur Menschen.
Was aber gravierend war: Er hat das wichtigste nicht erwähnt.

 

Mein Vater war am Todestag meines Bruders ins Krankenhaus gekommen und nach einer Not-OP ins Koma versetzt worden. Er erfuhr vom Verlusst seines Sohnes erst 13 Tage später - da war die Trauerfeier schon vorbei.
Da er also am Abschied nicht teilnehmen konnte, baten wir den Redner eindringlich, den Vati gleich am Anfang mit einer kurzen Erklärung zu entschuldigen.
Der Trauerredner schien dies aber nicht als wichtig anzusehen - er erwähnte meinen Vater mit keinem Wort.

Für meine Mutter, meine Schwägerin und mich begann nach der Trauerfeier der schwierigste Teil. Wir mussten die Beileidsbekundungen entgegen nehmen und die Abwesenheit von Vati erklären.

Das hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt.

 
Walter Nützel

Eine weitere Totenfeier im Jahr 2010 war die meines Vaters. Exakt vier Monate nach meinem Bruder saßen wir wieder mit einer Trauergemeinde in der Aussegnungshalle und verabschiedeten uns von Vati.

Vati war Kirchenmitglied, mochte aber den kirchlichen Gesang nicht. Also versuchten wir, einen "offenen" Pfarrer zu finden und eine "gemischte" Feier zu gestalten. Das war gar nicht so leicht - mussten wir uns doch an den "zuständigen" Pfarrer der Gemeinde halten. Der wiederum war für seine "geradlinige" Art bekannt. Also keine leichte Aufgabe.

 

Der weltlichen Musik war dieser Pfarrer nicht zugetan, aber letztendlich konnten wir uns auf die Musik (z. B. A Wonderful World und Moonlight Serenade) einigen. Das Lebensbild meines Vaters habe ich selber geschrieben und dem Pfarrer ausgehändigt.
 
Nun, die Trauerfeier war deshalb jedoch nicht wirklich besser. Der Pfarrer ließ uns spüren, das er mit dieser Art des Abschieds nicht einverstanden war. Sein Ton war bissig und das Lebensbild wurde "geleiert".
Den kirchlichen Text hat er aber an das Musikstück von Luis Armstrong angepasst - das war nett.   

      
Sicher - es waren nicht die ersten oder einzigen Totenfeiern, denen ich beiwohnte. Allein 2010 war ich viermal, 2011 dreimal, bei verschiedenen (meist kirchlichen) Abschiedsfeiern.  Aber es waren die, die mich so berührten - sich so negativ in mir festsetzten - dass ich mich entschloss, etwas zu tun.

Ich will es besser machen.   

 
 
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